Fachbereich Ergotherapie

Griechisch: ergon – Arbeit, Werk, Tat./ therapeia – Dienst, Behandlung

Ziel der Ergotherapie ist das (Wieder-)Erlangen der größtmöglichen Selbstständigkeit des Kindes bei alltäglichen Verrichtungen und innerhalb seiner motorischen, sozialen, emotionalen und kognitiven Fähigkeiten. Darum kümmern sich in diesem Fachbereich examinierte ErgotherapeutInnen, die sich auf die Behandlung von Säuglingen und Kindern spezialisiert haben.

 

Für wen?

  • Störungen des Bewegungsablaufs infolge hirnorganischer Schädigungen (spastische Lähmungen, Anfallsleiden, Hydrocephalus, Spina bifida, Muskeldystrophien etc.)
  • Störungen der sensomotorischen Entwicklung und der damit verbundenen Beeinträchtigung der kognitiven Prozesse
  • Störungen der Wahrnehmungsfähigkeit und -verarbeitung (sensorischen Integrationsstörungen)
  • Einschränkungen der visuellen und auditiven Sinnesfunktionen
  • Ausfallerscheinungen bzw. Verzögerungen in der Sozialentwicklung, der Beziehungsbildung und Kommunikationsfähigkeit
  • Störungen im sozio-emotionalen Bereich , wie z. B. Verhaltensstörungen, V. a. AD(H)S, frühkindlicher Autismus

Behandlungsansätze und Konzepte

Sensorische Integrationstherapie

Sensorische Integration (SI) ist der komplexe Prozess der Informationsaufnahme von Umwelt- und Körperreizen( über die Sinnesorgane), sowie deren Verarbeitung im Gehirn, um dem Menschen eine adäquate Auseinandersetzung mit seiner Umwelt zu ermöglichen. Sinneswahrnehmungen erreichen in jedem Augenblick unser zentrales Nervensystem (ZNS/Gehirn). Nicht nur von den Augen (Sehsinn), den Ohren (Hörsinn), der Nase (Geruchssinn) und der Zunge (Geschmackssinn) fließen uns Informationen zu, sondern auch über Berührung (taktiles System), Bewegung, Schwerkraft und Körperstellungen (vestibuläres und propriozeptives System). Dieser Informationsfluss und die Aufnahme dessen besteht schon während der Schwangerschaft.

Unser Gehirn macht aus vielen Einzelwahrnehmungen ein Ganzes und reagiert darauf mit sinnvollem Verhalten/Handlungen und sinnvollen Bewegungen. Dafür benötigen wir eine gute Organisation unserer Sinneswahrnehmungen. Erfolgt keine organisierte Integration der Sinnesreize, können z.B. diese Auffälligkeiten auftreten:

  • Ein Kind reagiert auf bestimmte Sinneseindrücke überempfindlich. Es empfindet dann beispielsweise Geräusche als besonders laut, mag nicht berührt oder bewegt werden, macht sich steif oder wehrt ab.

Oder:

  • Ein Kind reagiert unterempfindlich in einem oder mehreren Bereichen. Das könnte sich dadurch äußern, dass es sich besonders viel bewegt und übermäßig tobt, dass es sehr heftig und grob ist, tollpatschig wirkt und laute Geräusche liebt.

Als Folge:

  • Beabsichtigte Handlungen führen trotz guter Ideen des Kindes nicht zum Ziel. So erlebt das Kind weniger Erfolgserlebnisse im eigenen Handeln, wodurch es auf neue Situationen ängstlich und unsicher reagieren kann.

Marburger Konzentrationstraining

Das Marburger Konzentrationstraining (MKT) bedient sich verschiedener Techniken der Verhaltensmodifikation, wie positives Verstärken, Loben, Verstärker- oder Punktepläne.

Der wichtigste Bestandteil des MKT ist das Selbstinstruktionstraining. Hierbei lernen die Kinder, wie sie ihre Aufmerksamkeit selbst steuern können. Sie üben, sich der Aufgabe oder Situation entsprechend das Richtige zu sagen, also sich selbst sinnvolle Anweisungen zu geben (eine Technik der kognitiven Verhaltenstherapie). Mit verschiedenen Übungen werden zusätzlich Fein- und Graphomotorik, Wahrnehmung (taktil-kinästhetisch, visuell, auditiv), Merkfähigkeit (mnestisch, visuell, auditiv) beübt. Das MKT findet in Kleingruppen statt und bietet so viele Möglichkeiten zur Interaktion und sozialen Übung.

Psychomotorik

Unter Psychomotorik ist ein Modell der Persönlichkeitsbildung über motorische Lernprozesse zu verstehen. Es geht darum, das Kind zu befähigen, sich sinnvoll mit sich selbst, seiner dinglichen und personalen Umwelt auseinander zu setzen und entsprechend zu handeln. Diese Lernprozesse spielen sich ab im Motorischen, im Kognitiven, im Affektiven und im Sozialen.

Es geht dabei um

  • Ich-Kompetenz, d.h. sich selbst und seinen Körper (kognitiv) erfahren und (affektiv) erleben
  • Sach-Kompetenz, d.h. sich an die dingliche Umwelt mit ihren Materialien, Geräten und Hindernissen anzupassen sowie diese Umwelt handelnd an sich anzupassen
  • Sozialkompetenz, d.h. zu lernen, sich an andere Personen anzupassen, dabei aber auch in echter Kommunikation eigene Bedürfnisse durchsetzen.

Aufgaben der Ergotherapie

  • Befunderhebung durch freie Beobachtung oder mit gezielten Screenings/Tests, z.B.  
    • Gezielte Beobachtungen nach Jean Ayres
    • Motorikscreening nach Hochleitner
    • TAKIWA
    • MOT 4-6
    • DTVP-2 / FEW-2
    • Kurzdiagnostik „vom Stift zur Schrift“ (Graphomotorik)
    • OTZ
  • Therapie und Förderung in den Bereichen Motorik, Wahrnehmung, Selbständigkeit im Handeln, psychoemotionale Entwicklung
  • Förderung der Alltagsbewältigung und der Selbständigkeit
  • Vermeidung von Folgedefiziten (so können z.B. Störung der visuellen Wahrnehmung Teilleistungsschwächen wie Dyskalkulie / Legasthenie zur Folge haben)
  • Elternberatung und Elternanleitung
  • Beratung zu sinnvollen Materialien im häuslichen Umfeld und dem Kindergarten
  • Beratung und Begleitung hinsichtlich (vor-)schulrelevanter Themen
  • Beratung bei Linkshändigkeit (Materialempfehlung)

Das bieten wir:

Die Therapie erfolgt in regelmäßigen Einzel- oder Kleingruppenterminen. Zum Einsatz kommen dabei Bewegungs- und Wahrnehmungsangebote, Alltagmaterialien, verschiedene gestalterische Techniken, Regel- und Gesellschaftsspiele. Die Stunden werden so gestaltet, dass die Förderangebote spielerisch vermittelt werden und an die Fähigkeiten, Neigungen und das emotionale Befinden des jeweiligen Kindes angepasst sind.

Dabei sind basale Wahrnehmungs- und Bewegungsangebote wichtige Grundlagen für höhere Entwicklungsstufen, wie Fein- und Graphomotorik oder Sprache. Erfolgserlebnisse sind ein zentraler Inhalt der Stunde, um die Motivation und das Selbstvertrauen des Kindes gerade für neue, herausfordernde Aufgaben anzusprechen und so gemeinsam mit dem Kind eine weitere Entwicklungsstufe zu erarbeiten.